Technische Daten :

Objektivart : Tilt & Shift – Weitwinkelobjektiv (Festbrennweite)
Brennweitenbereich : 24 mm
Offenblende : 1:3,5
Kleinste Blende : 1:22
Shift-Bereich : ± 12mm
Tilt-Bereich : ± 8,5°
Naheinstellungsgrenze : 21 cm
Filterdurchmesser : 82mm
Gewicht : 780 gr
Abmessungen : 88,5 mm (Durchmesser) / 106,9 mm (Länge ohne Streulichtblende)
Fokus : Manuell
Bildstabilisator : Nein

Ungefährer Strassen-Preis : ca. 1800 € (Stand 2019)

Im Lieferumfang ist das Objektiv mit den beiden Objektivabdeckungen, dazu noch die passende Streulichtblende (EW-88B), ein Lederbeutel für den Transport (LP1319) und ein grösseres Feststell-rädchen für den Shiftbereich.

Beschreibung des Objektives : 

Das “Canon TS-E 24mm 1:3,5 L II” gehört (wie der Name schon sagt) zu den Tilt- und Shiftobjektiven, daher vorn das “TS” statt “EF”, wobei EF für “electro-fokus” steht.
Einen Autofokus sucht man vergebens, hier wird alles manuell eingestellt und das ist mit dem breiten Fokusring sehr bequem und feinfühlig machbar !

Früher fand ich diese TS-Objektive recht eigenartig und mir kam das ganze Verstellen recht kompliziert vor, daraus folgte dann die übliche Denkweise : “Wat der Bauer nich kennt…” 

In letzter Zeit interessierte ich mich dann doch mal für diese ganze Architekturfotografie, hatte im Ur-laub ein Buch über diesen Bereich gelesen und einige Erfahrungen konnte ich in den letzten Jahren hin und wieder immer mal sammeln indem ich Gebäude oder andere Bauten fotografierte, der eigentlich Zündfunke sprang vermutlich auch bei diesen Kran-Häusern in Köln über, da hat es mir Spass gemacht die ganzen Linienführungen und Perspektiven abzulichten.

Da ich auch von Natur aus schon keine schiefen Horizonte oder stürzenden Linien mag, schaute ich mir doch mal diese TS-Objektive näher an, das Web ist ja voll von Infos und bei “youtube” gibts gute Er-klärungen und Beispiele für diese Dinger.

So wurde ich also richtig heiss für diese Sache und es war nur noch eine Entscheidung der Brennweite die ich treffen musste….17mm oder 24mm war hier die Frage !
Die günstige Konkurrenz aus dem Hause “Walimex” oder “Samyang” fiel bei mir eh durch da ich schon viele Jahre aus eigener Erfahrung und eigentlich nach dem Motto handle : “wer billig kauft, kauft 2x”, womit ich bisher immer gut gefahren bin….macht sich bei einem späteren Verkauf dann natürlich auch wieder bemerkbar.

Das muss und sollte aber jeder für sich selbst entscheiden…..

Nach vielen Tagen der Überlegung über die Brennweite fiel die Entscheidung dann auf das 24mm-Objektiv, der Grund war das beim 24mm der Tilt-Bereich etwas prägnanter ausfällt, d.h. die Wirkung der verkürzten- oder der erweiterten Schärfeebene fällt da etwas eindeutiger aus da der Tiltbereich hierbei ± 8,5° beträgt, beim TS-E17mm fällt er mit einem Bereich von ± 6,5° nicht ganz so heftig in den Bildern aus…gut erkennbar ist er natürlich trotzdem.
Ausserdem ist ein extrem geshiftetes Bild bei 17mm auch ein wenig gewöhnungsbedürftig da diese ge-raden Linien eines hohen Gebäudes doch schon erstmal merkwürdig aussehen weil das Gebäude op-tisch oben genauso dick und breit ist wie am Boden, und das sieht eigentlich im Nahbereich nicht normal aus (obwohl die Linien alle gerade nach oben verlaufen). Beim 24mm Brennweite fällt dieser “Effekt” von daher nicht ganz so heftig aus wie bei einer Brennweite von 17mm im Nahbereich…..

Nun aber zum Objektiv !

Verkauft wird es wie bei den L-Objektiven typischerweise mit einer Streulichtblende, die aber wohl nicht allzuviel bringen kann wenn man sie draufsetzt, sie ist ziemlich schmal und die Sonne muss schon sehr genau im bestimmten Winkel einfallen damit sie einen Blendeffekt verhindert.

Da die Linsenvergütung eh schon sehr gut ist, laut Canon eine “Sub-Wavelength Structure Coating und Super-Spectra-Vergütung” und dadurch solche Lens-Flares recht gut verhindert, ist diese schmale Streu-lichtblende also nicht ganz so wichtig (finde ich).

Weiterhin gibts einen tollen Lederbeutel dabei indem man das Objektiv transportieren kann. Auch ist ein kleiner Beutel mit grösserem Eintellrad und Minischraube enthalten, dieses Rädchen kann man oben auf dem Shift-Verstellknopf als “Durchmesser-Vergrösserung” anbringen. Das hat den Grund das man bei Verwendung einer APS-C-Kamera diesen dickeren Knopf nicht verwenden kann da er beim Drehen der Shift-Achse an den aufklappbaren integrierten Spassblitz von den APS-C Kameras kommt.

Beim Kleinbildformat gibt es diesen Klappblitz nicht und deshalb habe ich Ihn direkt auf den vorhan-denen kleineren Shift-Knopf oder Shifträdchen draufgesetzt, bzw. geschraubt ! 

Weitere Besonderheit bei diesem Objektiv ist die kreisrunde Blende, d.h. das das Bokeh wohl recht rund und angenehm erscheinen soll (verursacht durch spezielle abgerundete Formen der Blendenlamellen im Objektiv).
Auch ist die Schärfe- oder Abbildungsleistung bei diesen TS-Objektiven bis in den Ecken vorhanden, wo andere gute Objektive im Randbereich bei der Schärfe- und Kontrastleistung normalerweise leicht abfallen, sind die TS-Objektive immernoch recht gut bis in den Ecken hinein…..für Architektur ist das auch nicht ganz unwichtig.

Die Verzeichnung fällt bei den Objektiven aus sehr gering aus, es gibt trotz der geringen Brennweite also kaum tonnen- oder kissenförmige Verzeichnung die bei der Architektur nicht grad erwünscht ist.

Genug geschrieben, jetzt erstmal ein paar Bilder vom eigentlichen Objektiv :

Das Objektiv mit Streulichtblende und den üblichen Abdeckkappen (den Stoffbeutel habe ich im Originalkarton gelassen)
Hier mit aufgesetzter Streulichtblende
Die Shift-Einheit womit man den Bildwinkel parallel zum Bildsensor um ± 12mm nach oben oder unten “verschieben” kann
Die Tilt-Einheit womit man die Schärfeebene zum Bildsensor hin um ± 8,5° “verschwenken” kann
Feststell-Rädchen / Lock-Schalter

Oben zu sehen : Die gegenüberliegende Objektivseite wo man die Tilt & Shift-Einheiten jeweils unab-hängig voneinander festdrehen kann damit sich nix unbeabsichtigt verstellt.

Mit dem “Lock” – Schalter kann man die Tilt-Einheit komplett blockieren sodass diese garnicht mehr “verschwenkt” werden kann !

Die anderen beiden kleinen breiten Hebelchen sind zum Lösen einer Sperre damit man die Tilt- oder Shifteinheit jeweils unabhängig voneinander drehen kann, schliesslich kann man ja beide Gimmicks zusammen anwenden und manchmal möchte man z.B. quer Schwenken oder mal hochkant Schwen-ken….es geht natürlich auch stufenlos schräg, halt in allen Richtungen !

Ebenso kann man die Tilt-Einheit unabhängig von der Shifteinheit um die Mittelachse drehen damit man die Schärfeebene entweder senkrecht, waagerecht oder beliebig schräg gestalten kann, ganz individuell eben.

Hört sich alles komplizierter an als es ist….ehrlich !

 

Hier der an der Kamera dargestellte Shiftbereich……

 

Und unten zu sehen :

Der dargestellte Tiltbereich……wobei man wie schon gesagt beides (Tilt und Shift) ganz unabhängig voneinander verdrehen, bzw. verwenden kann.

 

 

Unten ein weiteres sehr nützliches Utensil bei der Verwendung von solchen Objektiven :

Der Wasserwaagenwürfel / 3-Achsen Wasserwaage

Auch die einblendbaren Gitterstrukturen im LiveView der Kamera kommen dem Ausrichten beim Shiften natürlich entgegen und werden gebraucht…..

Hier der Wasserwaagenwürfel auf dem Blitzschuh, da wo er hingehört….

Das Shiften (Verschieben)

Das A und O beim Shiften ist eine exakt gerade gerichtete Kamera auf dem Stativ, deshalb ist so ein Wasserwaagenwürfel nicht verkehrt.
Auch die Gitterstrukturen im LiveView helfen hier sehr gut, manche Kameras haben ja auch schon ein-blendbare Wasserwaagen im Sucher oder auf dem Display (wie die 70D z.B.) !

Ist die Kamera gerade gerichtet kann man im Breitbildformat z.B. nach links und rechts shiften um ein kleines Pano ganz einfach und exakt ohne Nodalpunktadapter hinzubekommen, oder auch nach unten und oben Shiften (Verschieben) um ein Gebäude bis zur Spitze einzufangen wobei hier die Gebäude-linien natürlich gerade bleiben und nicht nach oben zusammenstürzen wie es oft bei den üblichen “Touristenbildern” zu sehen ist.

Zugute kommt einem bei solchen kleinen Panos (ob nach oben, unten oder zur Seite verschoben) die Grösse der Bilddatei, diese umfasst ja logischerweise auch mehr Pixel in der Breite oder Höhe als ein Einzelbild (wenn die 3 Bilder anschliessend im PC zusammengerechnet werden).

 

Das Tilten (Verschwenken)

Mit dieser Funktion hat man erheblichen Einfluss auf die Schärfeebene eines Bildes !
Man kann mit dem Tilten entweder die Schärfeebene stark verringern und bekommt damit diesen be-kannten Miniatureffekt bei den Bildern hin, oder man kann die Schärfeebene erweitern um z.B. ein Motiv in ganzer Länge oder Grösse scharf abzubilden (was sonst nur durch das Focus-Stacking möglich ist).

Wie man sieht sind die Anwendungsmöglichkeiten recht gross und den kreativen Ideen kaum Grenzen gesetzt !

 

Mein Fazit :

Ein sehr gutes und kreatives Objektiv für gehobene Ansprüche !

Die Schärfeleistung ist erstklassig und es zeichnet (wie bei solchen T&S-Objektiven zu erwarten ist) gegenüber “normalen” Weitwinkelobjektiven bis in die Bildecken scharf.
Eine tonnen- oder kissenförmige Verzeichnung ist hier kaum wahrnehmbar und wäre bei solchen Architektur-Objektiven auch kaum gewünscht.

Einziges Manko ist im extremen Shiftbereich die stark zunehmende Vignettierung in den jeweiligen Bildecken.